Samstag, 23. März 2013

Auf den Pfaden der Toten

Nachgestelltes Foto - Am Tag der Reise war da mehr Schnee. Unglaubliche 10 cm Schnee!
Ein Reisebericht der besonderen Art

Der Tannenberg liegt nicht am Ende der Welt. Oder vielleicht doch. Jedenfalls für die Marburger. Wer in der Linie 8 fährt, wird irgendwann eine gottgleiche Stimme hören. Platz der Weißen Rose. Endstation. Alle Fahrgäste bitte aussteigen.
Der Bus wird dann einen Kreisel befahren und den selben Weg zurück fahren. Zumindest, wenn man Glück hat. Oder gutes Wetter. Was bei den Stadtwerken wohl auf das selbe hinausläuft. Vielleicht sollte man die Stadtwerke Schönwetterwerke nennen.
Auf dem Tannenberg gibt es keine Geschäfte, und nur ein kleines Cafe. Aber jede Menge Firmen, die der Stadt Marburg sicherlich den Steuersäckel füllen. Normalerweise werden diese recht zuverlässig durch die Linien 8 und 17 hin- und wegtransportiert. Wenn, ja wenn denn kein Schnee fällt.

Gestern (damit ist der 12. März 2013 gemeint) schneite es, was im Winter schon mal vorkommen kann. Etwa 10 cm Schnee sind noch kein Schneechaos, bei weitem nicht. Aber sie reichen, um die Stadtwerke an ihre Grenzen zu bringen. Irgend einer der wartenden Fahrgäste hat irgendwann bei der Hotline angerufen und erfahren, dass der Bus steckengeblieben ist, und kein weiterer kommen wird, solange dieser nicht geborgen sei.

Wir erinnern uns: etwa 10 cm Schnee. Chaos.

Ich hoffte auf den nächsten Bus (oder den übernächsten), weil in der Gegend einfach nichts ist, wo man einen Einkaufsbummel hätte unternehmen können und eine Übernachtung auf der Arbeitsstelle sicherlich nicht durch den Arbeitsvertrag abgedeckt ist. Doch als dann zwei weitere Busse nicht gefahren waren, rief auch ich bei der Hotline an, um zu erfahren, ob denn überhaupt etwas fahre.
An der Hotline druckste man etwas herum, murmelte von höherer Gewalt, und dass erst wieder Busse fahren würden, wenn der Streudienst die Straße frei gäbe. Deren Nummer wolle man mir gerne geben. Auf meine Frage, ob man denn nicht kleinere Busse, wie die vom AST einsetzen könne, wurde lapidar mit Die fahren erst ab 19 Uhr beantwortet. Ja, die Bürokratie bringt ihre eigenen Helden hervor. Das sind die modernen Dienstleistungsbetriebe, die Kundenservice groß schreiben. Zumindest in der Werbung, die Hotline auf dem Fahrplan war sehr klein geschrieben und die Kostenhinweise noch kleiner.

Die anderen Fahrgäste hatten sich mittlerweile Alternativen gesucht. Einige gingen zu Fuß, ein Mädchen rief ihren Papa an, der sie auch brav abholen kam. Ein Hoch auf die Familie, wenn man noch eine hat.
Ein weiterer Bus fuhr nicht, und ein neuer potentieller Fahrgast erkundigte sich bei mir, ob die Busse denn überhaupt führen. Ich antwortete, dass dies höchst fragwürdig sei.

Nachdem auch der nächste Bus nicht fuhr, erklärte mein neuer Leidensgenosse, dass er einen Fußweg in die Stadt kenne, der kürzer sei. Der sogenannte Totenweg. Dort hätte man früher aus Ockershausen die Toten zur Kirche in Oberweimar gebracht.
Den namen fand ich abenteuerlich, und mangels einer vernünftigen Alternative stiefelte ich mit meinem neuen Bekannten los. Der Weg führte irgendwann von der Straße ab, wobei wir beinahe die Abzweigung verpassten. Hier gestand mir mein Begleiter, dass er fast blind sei und bei der Blista arbeite. Trotzdem nahmen wir den Weg, weil man den eigentlich gar nicht verfehlen könne.
Ich habe den Hobbit gelesen. Dort sagt Blbo Beutlin, dass es gefährlich sei, eine Straße zu betreten, da man am Ende nie wisse, wo man lande. Nun, ich ging davon aus, dass wir in Ockershausen landen würden. Wenngleich der Weg wirklich sehr schön gelegen war, sich durch die Berge schlängelte, an einer Quelle vorbei und einer beinahe unberührten Natur.

Dieses Abenteuer verdanke ich den Schönwetterwerken. Leider fiel mir erst mitten in diesem Abenteuer ein, dass es ein gefährliches Abenteuer war, für mich als Diabetiker. Ich hatte zwar mein Not-Traubenzucker dabei, aber mein Blutzuckermessgerät versagte in der Kälte seinen Dienst. Und ein Notarzt hätte mich dort wohl nie gefunden.
Aber he, Diabetes ist eine Zivilisationskrankheit, und nichtfahrende Busse sind es auch. Passt ja.

Mein Begleiter führte mich dann einen kleinen Pfad entlang, sodass wir nach ca 1 Stunde das Georg-Gssmann-Stadion erreichten. Gut, da war auch Schneechaos, sodass der Bus an der Park und Ride Station auch nicht vorbeifuhr. Kann man ja auch nicht erwarten, mitten im Winter. Auch ohne Berg. Und ich lief dann auch noch bis zum Williamsplatz, bis ich die echte Zivilisation (also fahrende Busse) erreichte. Von da kam ich dann per Bus zum Bahnhof, wo ich ein AST nach Schönstadt erreichte. Das zweite, das erste hatte ich aufgrund meines Abenteuers verpasst.
Allerdings war ich sehr erstaunt. Der Landkreis hatte die Probleme nicht, mit der die Stadt Marburg kämpfte. Die Straßen nach Schönstadt waren frei, und in Cölbe sah ich ein Räumfahrzeug, das sich Zeit nahm, die Bürgersteige vom Schnee zu befreien. Aber das sind ja auch Landburschen und nicht verweichlichte Städter, für die 10 cm Schnee schon ein Chaos bedeuten.

Ich werde übrigens heute wieder mit dem Bus fahren. Obwohl Schnee fällt. Denn mein Arbeitgeber erwartet das von mir. Er bezahlt mich dafür, und er macht keinen Unterschied zwischen Sommer und Winter. Die Stadt werke auch nicht. Im Winter sind die Monatskarten nicht billiger, als im Sommer. Sie verlangen viel Geld dafür, dass sie mich transportieren. Meistens jedenfalls. Wenn kein Schnee fällt. Oder so.

Diabolos - Das Dunkle Buch



Steffen Janssen (Hrsg.)
Diabolos - Das Dunkle Buch
LUZIFER-Verlag © 2013
ISBN: 978-3-943408-12-6 (SoftCover)
400 Seiten - 16,95 €

auch als eBook - 4,99 €



2. Platz unter den besten Anthologien 2013 beim Vincent Preis 2013




Ein Buch mit Stories des Who Is Who der deutschen Horror-Szene. 
Und ich bin auch mit dabei:



Thomas Backus
Penner

   »Haste ma 'n Euro?«, fragte die abgerissene Gestalt und hielt Uwe einen Kaffeebecher hin.
Uwe senkte verlegen den Blick. »Nein, tut mir leid. Ich habe keinen Euro«, sagte er. »Ich bin genauso eine arme Sau wie du. Meine Klamotten sind vielleicht noch nicht so abgetragen, aber das kommt noch, sie sind alles, was mir noch geblieben ist.«
»Scheiße, Mann, das klingt nicht gut«, sagte der Penner. Er kramte in seinem Rucksack und hielt Uwe eine Flasche Bier hin. »Komm, trink erstmal einen. Danach isses besser, glaub mir.«
>Uwe überlegte einen Moment. Wenn er sich jetzt da hinsetzte, dann überschritt er eine letzte Grenze, gehörte er wirklich dazu.
Trotzdem setzte er sich, und er nahm auch das angebotene Bier. Er glaubte zwar nicht daran, dass Alkohol seine Problem verbessern würde, aber er brauchte jemanden, der zu ihm stand. Und wenn es dieser Penner war.
»Danke, Kumpel!«
»Gern geschehen. Ich bin Stumpe.«
Stumpe reichte Uwe die Hand, und als der sie ergriff, bemerkte er, dass ihm der kleine Finger fehlte.
Der Obdachlose bemerkte, dass Uwe das bemerkte und erklärte: »Der is mir festgefroren, als ich Platte gemacht hab. Habs gar nicht gemerkt, und als ich aufgestanden bin, blieb mein Finger liegen.«
»War wohl ein kalter Winter.«
»Yau, ungefähr so kalt wie jetzt.«
   (...)





Ein schlimmer Winter, besonders für Obdachlose. Aber da ist noch eine Gefahr, die auf diese Menschen lauert ... eine tödliche Gefahr!


Inhalt:

Vincent Voss: Eine kurze Geschichte über den Tod und den Untod
Illustration von Jan Hillen
C.J. Walkin: Abyssus abyssum invocat
Arthur Gordon Wolf: Tal der Toten
Illustration von Astrid Christ
Dirk Alt: Die Verschwörung
Thomas Backus: Penner
Illustration von Lydia Pollakowski
Michael Dissieux: Der Fluch der Hexe
Achperosch: Die weiße Stunde
Illustration von Jan Hillen
Torsten Scheib: Die Lemminge
Ann-Helena Schlüter: Gegangen
Illustration von Viktor Bogdanovic
Herbert Blaser: Nachtbesuch
Michael Dissieux: Das dunkle Vermächtnis
Illustration von Lothar Bauer
C.J. Walkin: Without Innocence – The Cross is only Iron
Rona Walter: Classico



In der Regel wird das Layout eines Buches von den Verlagen selbst gestaltet oder in Auftrag gegeben. Was im Printbuch super aussieht, kann im eBook anders aussehen. Die Verlage sollten deswegen ihre eBooks nicht einfach nur auf dem PC betrachten, sondern in einem Reader. Klar, das bedeutet zusätzliche Arbeit, aber im Endeffekt entsteht ein besseres Produkt - und das eBook, das vorerst nur nebenbei mitveröffentlicht wurde, gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Der LUZIFER-Verlag hat das erkannt und entsprechend gehandelt!